Frühkindliche Regulationsstörungen

Etwa 15 bis 30 Prozent aller Säuglinge weisen eine frühkindliche Regulationsstö-rung auf. Diese drückt sich in exzessivem Schreien, in Ein- und Durchschlafstörun-gen oder in Fütter- und Gedeihstörungen aus. Neben den Verhaltensauffälligkeiten des Kindes in Bezug auf frühkindliche Anpassungs- und Entwicklungsaufgaben tritt meist auch eine chronische Überforderung der Eltern auf. In der Folge kommt es oft zu einer ungünstigen Eltern-Kind-Interaktion, die einerseits eine Aufrechterhaltung der problematischen Gesamtsituation und andererseits eine weitere Eskalation nach sich zieht.


Insbesondere in den ersten drei Lebensmonaten drückt sich die Regulationsstörung in exzessivem Schreien aus. Man spricht dann von diesem auffälligen Säuglingsverhalten, wenn das Kind über mindestens drei Wochen an jeweils mindestens drei Tagen pro Woche für mindestens drei Stunden pro Tag laut schreit/ weint und sich dabei kaum oder nicht beruhigen lässt. In der Psychotherapie erfolgt zunächst eine Aufklärung der Eltern über das Störungsbild. Es werden Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zwischen dem Problemverhalten und der „normalen“ frühkindlichen Entwicklung dargelegt. Psychoedukativ wird über frühkindliche Bedürfnisse informiert und anschließend mit den Eltern besprochen, wie diesen Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann. Beispielsweise werden feste Tagesabläufe, Rhythmen und Rituale unter Berücksichtigung der individuellen familiären Ressourcen erarbeitet und eingeübt. Zudem wird – ggf. unter Einsatz von Videofeedback – das elterliche Verhalten analysiert und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht (z.B. Signale des Babys erkennen, Überreizung und Übermüdung vermeiden, Time-out für die Eltern).

 

Eine Einschlafstörung liegt dann vor, wenn ein mindestens sieben Monate altes Kind ohne umfangreiche Hilfen der Eltern nicht einschlafen kann. Man spricht von einer Durchschlafstörung, wenn der Säugling über mehrere Wochen an mindestens vier Nächten pro Woche mindestens dreimal pro Nacht aufwacht, die Aufwachphasen mindestens 20 Minuten umfassen oder das Kind nicht wieder alleine einschlafen kann. Da die Eltern deswegen in der Regel zu wenig Schlaf bekommen, leiden sie oft unter Erschöpfung und sind leichter gereizt. Dies führt wiederum zu einer Belastung der Eltern-Kind-Beziehung. Die Psychotherapie setzt, ähnlich der Behandlung des exzessiven Schreiens, psychoedukativ an und schließt eine ressourcengeleitete Intervention an. Beispielsweise werden sinnvolle Einschlafhilfen und Einschlafrituale erarbeitet. Die Eltern trainieren den Umgang mit dem Kind in der Einschlafphase ein. Wichtig ist, dass das Kind erfährt, dass die Eltern ihm den notwendigen Schutz bereitstellen und es „in diesem Vertrauen, sorglos“ einschlafen lernt.

 

Fütter- und Gedeihstörungen decken ein breites Spektrum von frühkindlichen Essproblemen ab. Dieses reicht von Essunlust bis hin zu lebensgefährlicher Nahrungsverweigerung, verbunden mit bewusst hervorgerufenem Heraufwürgen der Nahrung. Die Diagnostik ist bei dieser Form der Regulationsstörung besonders wichtig. Auch ist der Einbezug des Kinderarztes unerlässlich. Psychotherapeutisch kommen – je nach Ausprägung – unterschiedliche Interventionen zum Einsatz. Beispielsweise erfolgt eine Unterstützung der Eltern bezüglich der Befürchtungen und Ängste um das Kind. Außerdem werden zusammen mit den Eltern Essensregeln definiert und die Eltern angeleitet, gelassen mit kindlichen Provokationen umzugehen.

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