Selbstverletzendes Verhalten

Als selbstverletzendes Verhalten wird die absichtliche Schädigung des eigenen Körpers bezeichnet. Es stellt keine eigene und als solche zu diagnostizierende psychische Störung dar. Vielmehr tritt selbstschädigendes Verhalten in der Regel als Symptom oder Phänomen einer anderen psychischen Erkrankung auf. Oft sind Jugendliche betroffen, die als Grunderkrankung beispielsweise unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, einer Depression, einer Essstörung oder einer Störung des Sozialverhaltens leiden. Selbstverletzendes Verhalten wird allerdings auch einhergehend mit Substanzmissbrauch, Störungen der Impulskontrolle und dissoziativen Störungen festgestellt.

 

Häufige Formen selbstschädigenden Verhaltens sind Schneiden (Arme, Beine), Sich-Beißen, Kratzen bis es blutet, Sich-Schlagen, Nagel- oder Nagelhautbeißen, gegen Wände schlagen, zu heißes Baden, Sich-Stechen, Sich-Verbrennen, Ausreißen von Kopf- oder Schamhaaren und genitale Selbstverletzung.


Das Schmerzempfinden ist während des Akts der Selbstverletzung oftmals herabgesetzt, da die Selbstschädigung mit einem hohen Stresserleben einhergeht, das wiederum zu einer erhöhten Freisetzung körpereigener Botenstoffe (z.B. Endorphine) führt. Nach Abklingen der Endorphinwirkung kehrt das Schmerzempfinden allerdings wieder zurück. Möglicherweise erfolgt während der Selbstverletzung auch eine innerpsychische Abspaltung der körperlichen Empfindung (Dissoziation), die das verminderte Schmerzempfinden erklären könnte. Des Weiteren tritt bei manchen Jugendlichen auch das Phänomen auf, dass der Schmerz sehr wohl wahrgenommen und als äußerst unangenehm empfunden wird. Allerdings erfüllt der körperliche Schmerz in diesem Fall die Funktion, dass ein größerer psychischer/ seelischer Schmerz überdeckt wird und zumindest vorübergehend nicht mehr wahrgenommen wird.
 

Demzufolge kann das selbstverletzende Verhalten der Affektregulation dienen oder eine Art Hilferuf darstellen (als inadäquater Versuch der Kontaktaufnahme beispielsweise zu den Eltern oder zum sozialen Umfeld). Eine Selbstschädigung kann aber auch eine Form der Selbstbestrafung oder Ausdruck einer Gruppenzugehörigkeit sein. Meist besteht nicht der Wunsch zu sterben. Die Abklärung einer möglichen Suizidalität erfolgt in jedem Fall zu Beginn der Therapie.


In der Psychotherapie wird aufbauend auf einer guten Beziehungsgestaltung zum/ zur Betroffenen und zu den Eltern zunächst über mögliche Ursachen aufgeklärt (Wechselwirkungen biologischer, psychischer und sozialer Anteile unter Berücksichtigung von Risiko- und Schutzfaktoren). Es wird darüber hinaus nach auslösenden Faktoren für das selbstverletzende Verhalten gesucht und alternatives Verhalten in der konkreten Situation aufgebaut. In diesem Zusammenhang spielen die individuellen Bedürfnisse des/ der Jugendlichen und der Familie eine entscheidende Rolle. Tritt das selbstschädigende Verhalten im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung auf, so wird diese Störung ebenfalls behandelt.

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